Newsletter

Aktuelles zum Spielplan
Persönliche Empfehlungen
Besondere Aktionen ...
Seien Sie immer gut informiert!

Newsletter abonnieren

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie 25% Ermäßigung bei Ihrem nächsten Kartenkauf

* Pflichtfeld





Newsletter

Die Liebe im Operettenstaat - Deutsche Oper Berlin

Die Liebe im Operettenstaat

Die Spieloper »Zar und Zimmermann« war 150 Jahre lang ein Renner, bevor sie verschwand. Der Regisseur Martin G. Berger liebt das Leichte, das schwer zu machen ist, und holt Albert Lortzings Werk in die Gegenwart.

Albert Lortzing tanzt aus der Reihe in der Gesellschaft der Denkmäler im Tiergarten, der grünen Lunge der Hauptstadt. Goethe hat dort ein Denkmal und auch Wagner, zwei Titanen der Musik, des Theaters und der Dichtung. Und dieser heute fast vergessene, im 19. Jahrhundert enorm populäre Komponist, Texter, Schauspieler, Sänger Lortzing. Der Regisseur Martin G. Berger kommt zum Fototermin in den mittlerweile so selten verschneiten Tiergarten. Er trägt die Leiter mit, auf die er gleich steigen wird zum nicht ganz ungefährlichen Herumalbern am Denkmal. Man könnte sich Berger gut in einem Slapstick-Stummfilm vorstellen, erst Recht wenn der Schnee und die Wolkendecke die Farbe rausdrehen und den Ton dämpfen. Aber Berger, ein Berliner, spricht bereits während des Fotoshootings laut: »Lortzing war so eine Art Till Schweiger des vorrevolutionären Deutschlands. Er hat sich auch alles auf den Leib geschrieben und spielte die besten Rollen selbst. Und seine Mutter war dabei! Okay, bei Schweiger sind es die Kinder, die mitspielen …«

Zu Lortzings Erfolgen gehörte die Spieloper ZAR UND ZIMMERMANN, die im Dezember 1837 in Leipzig uraufgeführt wurde. Die Handlung ist eine Mischung aus klassischer Verwechslungskomödie und Spionagethriller, wie man heute sagen würde. Der russische Zar Peter der Erste reist inkognito nach Holland, um heimlich den Bootsbau zu lernen. Doch da ist schon ein anderer Peter aus Russland, allerdings ein Dissident auf der Flucht, der sich auch noch in die Tochter des niederländischen Bürgermeisters verliebt. Letzterer vermutet ausgerechnet im Dissidenten den Zaren, und das Spiel um Spionage, Liebe und Macht nimmt seinen Gang …

Berger ist der Mann, der scheinbar verstaubte, aus der Mode gekommene Stoffe wieder flott machen kann, ohne deswegen alles gegen den Strich zu bürsten. Er schaffte das mit einem dunklen hundertjährigen Schauspiel wie Ödön von Horváths »Kasimir und Karoline«, das er für die Staatsoper Hannover zu einer Art Musical umschrieb. »Puristen hatten ihre Mühe, dass die Figuren in den Songs Dinge sagen, die sie bei Horváth gerade verschweigen. Viele, nicht nur jüngere Zuschauer schauten das wie eine Netflix-Produktion.« Für seine Bearbeitung von ARIADNE AUF NAXOS von Richard Strauss, Libretto Hugo von Hofmannsthal, am Nationaltheater Weimar erhielt der junge Berger 2020 den renommierten Preis DER FAUST für die beste Regie im Musiktheater. Der Musicalliebhaber hat einfach keine Angst, schwierige Themen leicht zu machen. Genau das ist die Herausforderung bei Lortzings Oper, die seit ein paar Jahrzehnten kaum ein Haus mehr ins Programm nimmt.

Tatsächlich können sich wohl nur noch die älteren Opernfans an ZAR UND ZIMMERMANN erinnern. Berger kommt sofort in Fahrt, wenn er erklärt, warum er in dieser Spieloper viel Potential auch für unsere Zeit sieht. »Lortzing schreibt sehr konkret darüber, wie sich eine politische Funktion und das Menschsein in die Quere kommen.« In einer Arie, die meist gestrichen wird, singt der Zar über sein brutales Regime, sogar über aus seiner Sicht politisch legitimen Mord. »Und im nächsten Moment trinkt er mit dem Dissidenten Peter Iwanow ein Bierchen wie in einer romantischen Komödie, mit dem Unterschied, dass Peter der Erste zu Hause seinen neuen Freund umbringen lassen würde, ohne mit der Wimper zu zucken.«

Nun leuchten alle Warnlampen: Der russische Herrscher als Monster und doch auch als Mensch, sollen wir Mitleid für einen Diktator empfinden? »Um Himmels willen«, sagt Berger, »den Zar als Putin zu sehen, das wäre unangemessen und platt. Wir müssen Putin nicht als Menschen darstellen. Und wir würden damit auf eine große Qualität der Oper verzichten, nämlich auf ihre Leichtigkeit trotz ihres politischen Rahmens.«

Deshalb herrscht in Bergers Bearbeitung der Zar nicht über Russland, sondern über einen kleinen »Operettenstaat« zwischen Russland und Lettland, den wir erfunden haben. Die Spannung zwischen Politischem und Privatem bestimmt schon bei Lortzing die Handlung, Berger setzt damit auch die anderen Figuren der Oper unter zusätzlichen zeitgenössischen Strom. »Der Bürgermeister van Bett bangt um seine Wiederwahl und steht unter Druck, illegale Migranten aufzuspüren. Und Marie, seine Nichte, die mit Peter Iwanow ja einen Migranten heiraten möchte, ist eine Aktivistin und engagiert sich für Integration.« Am opportunistischen Verhalten der französischen und englischen Gesandten sehe man aber, so Berger, dass »wir hier nicht eine Riesenüberschreibung machen, der Machtpoker und die Gefühle in der Politik: alles schon da bei Lortzing!«

Kurze Nachfrage zur Sicherheit: Aber das Libretto bleibt bestehen, die Musik sowieso? »Natürlich, wir machen nur ein Update der Dialogszenen, wie es bei Spielopern und Operetten ja schon immer Tradition war. Diese Werke wollten in ihrer Zeit modern sein und es wäre eher weniger werktreu, sie so zu lassen, wie sie sind. Die Dialoge sind im Übrigen bei Lortzing sehr wichtig, deshalb müssen das auch Leute spielen, die sehr gut Deutsch können.« Aber auch da legt Berger Wert drauf, das Sprachgefühl zu erhalten. »Der deutsche Humor hat vielleicht nicht immer den besten Ruf, aber man kann bei Lortzing sehen, was er kann: alles in die Sprache legen.« In der Verbindung mit der gleich zu Beginn schon rasanten Musik und den großen Melodien entstehe in ZAR UND ZIMMERMANN etwas, das der nationalsozialistische Terror ausgelöscht habe. »Den Verlust so vieler großartiger Komponisten wie Kurt Weill, der als erster Deutscher einen Tony, die Theater und Musical-Auszeichnung, erhalten hat, spüren wir bis heute.«

Die Musik wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts komplexer, bei Lortzing ist sie noch sehr zupackend. Dass sie im heutigen Kanon nicht ganz oben steht, hat auch Vorteile, meint Regisseur Berger. »Es gibt nicht die ideale Aufnahme, an der sich viele orientieren. Diese Musik – und diese Melodien! – lassen auch deshalb viel Spielraum für die Interpretation. Du musst wirklich etwas draus machen. Und der Dirigent Antonello Manacorda hat richtig Lust drauf, das Orchester auch.« Wer noch immer denkt, dass die etwas leichtere Kunst auch leicht zu machen sei: »Schwierig ist auch die Wahl der Sängerinnen und Sänger, weil es das klassische Operettenfach an der Oper fast nicht mehr gibt.«

 

Martin G. Berger auf einer Leiter neben dem Lortzing-Denkmal im Tiergarten © Nancy Jesse
 

Berger hat schon in seiner Zeit als Operndirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin gerne die Grenzen gedehnt, wieviel Spektakel, Unterhaltung und Spaß möglich sind. Es gelang ihm dort, eine Uraufführung der mittlerweile weltberühmten Choreografin Florentina Holzinger ans Haus zu holten, »Sancta« nach Paul Hindemith. Und man spürt mit jedem Schritt, den man mit ihm durch den Schnee stapft und damit flüchtige Spuren im Tiergarten hinterlässt, dass er damit niemals Verflachung meint. Seine Verve wirkt, als würde er noch über 170 Jahre nach dem Tod Lortzings für dessen Ruf kämpfen. »Ist das nicht irre: Seine Opern wurden schon zu seinen Lebzeiten rauf und runter gespielt, aber er ist 1851 verarmt gestorben!«

Das Urheberrecht war noch nicht so weit, dafür einzustehen ist es zu spät. Aber Lortzings Zeit kommt wieder. Und Martin G. Berger ist sein Fürsprecher in der letzten Premiere der Intendanz von Christoph Seuferle.

Tobi Müller ist Kulturjournalist, Dramaturg und Autor in Berlin mit Schweizer Hintergrund. Er hat drei Theaterstücke und einen Film mitverantwortet als Dramaturg und Regisseur. Müller berichtet für »Zeit online« und den »Deutschlandfunk« über Pop, Darstellende Künste und Digitalität.

OnePager Projekt starten
1

Wählen Sie den Namen der neuen Page

Zusammen mit der Adresse (URL) der Basisseite ist Ihr Projekt sofort unter dieser neuen Internetadresse verfügbar.

weitere Infos

Editor Mode
2

Inhalte nach Ihren Vorstellungen einrichten.

Erste Daten, Bilder, Videos sowie persönlichen Daten haben wir bereits für Sie als Beispiel hinterlegt.

weitere Infos

Seitenbereiche / Slides
3

Jedes Slide hat einen eigenen Editor

Mit dem Wechsel eines Slide wird der zugehörige Editor eingeblendet. Auf der rechten Seite bearbeiten Sie die Inhalte.

weitere Infos

Erneut bearbeiten
4

Verborgener Button links unten in der Ecke

Via MouseOver wird der Button für den Editor Mode sichtbar, um Inhalte später erneut anpassen zu können.

weitere Infos

OnePager anlegen / bearbeiten