Im Gedenken an Gottfried Pilz - Deutsche Oper Berlin
21. September 1944 – 3. Oktober 2024
Im Gedenken an Gottfried Pilz
Es gehe ihm bei seinen Arbeiten nicht um Dekoration, sondern um die Sichtbarmachung dessen, was hinter einer Wand stehe, was jenseits der Grenzen liege, hat Gottfried Pilz einmal bekannt. Und tatsächlich spiegelte jedes der Bühnenbilder, die Pilz im Laufe seiner langen Karriere schuf, diese Auseinandersetzung mit dem Wesen und der Botschaft des zugrundeliegenden Werks wider: Egal, ob sie das Geschehen konkret verorteten wie sein Entwurf für die Berliner Inszenierung von Meyerbeers DIE HUGENOTTEN, die er 1987 in einer Berliner Kriegsruinenlandschaft spielen ließ, oder ob er einen jener abstrakteren, sparsam möblierten, durch Licht- und Farbwechsel bestimmten Räume schuf wie für seine Berliner Inszenierungen von Poulencs DIALOGUES DES CARMÉLITES oder Enescus OEDIPE. Mit seinem Streben, den Kern der großen Werke des Musiktheaters sichtbar und gegenwärtig zu machen, wurde der 1944 geborene Salzburger bald zum Partner einer Generation von Regisseuren, die sich Gleiches vorgenommen hatten: John Dew beispielsweise, mit dem er von 1980 bis 1990 kontinuierlich zusammenarbeitete und der ihn für DIE HUGENOTTEN und Gounods FAUST auch mit an die Deutsche Oper Berlin brachte. Das Haus hatte Pilz schon früh, Anfang der siebziger Jahre, als Assistent von Filippo Sanjust und als Ausstatter mehrerer Produktionen (darunter 1971 die Uraufführung von Aribert Reimanns Kammeroper MELUSINE) kennengelernt, doch nun wurde er – neben seinem Kollegen Peter Sykora – zu dem Bühnenbildner, der die Ästhetik der Ära Götz Friedrich am nachhaltigsten prägen sollte. Mit Götz Friedrich selbst sollte Gottfried Pilz bis zu dessen Tod zusammenarbeiten und unter anderem Produktionen wie DER ROSENKAVALIER, UN BALLO IN MASCHERA, BORIS GODUNOW und im Dezember 2000 auch noch die letzte Friedrich-Premiere, Menottis Kinderoper AMAHL UND DIE NÄCHTLICHEN BESUCHER verantworten. Der geistige Anspruch und das ganzheitliche Denken, die Pilz für seine Arbeiten in Anspruch nahm, führten zwangsläufig dazu, dass er – fast immer in Zusammenarbeit mit seiner damaligen Ehefrau Isabel Ines Glathar – auch die Gestaltung der Kostüme als integralen Teil seiner Arbeit begriff. 18 Produktionen sollten Pilz schließlich mit der Deutschen Oper Berlin verbinden, neben der Zusammenarbeit mit Friedrich und Dew ist dabei vor allem auch diejenige mit Günter Krämer (DIALOGUES DES CARMÉLITES, AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY) zu nennen. Erst vor zwei Wochen wohnte Pilz in seiner Wahlheimat Berlin einer Veranstaltung zu Ehren seines achtzigsten Geburtstags bei, auf der ein Buch über ihn und sein Schaffen vorgestellt wurde (Kerstin Schröder (Hsg.): Gottfried Pilz. Bühne Kostüm Regie, Verlag Theater der Zeit). Am vergangenen Donnerstag ist er überraschend verstorben.
Die Deutsche Oper Berlin trauert um einen der Großen seines Fachs und wird ihm und seinem Schaffen ein ehrendes Angedenken bewahren.